Das Last Interview mit Antje Schrupp

Antje Schrupp ist eine deutsche Journalistin, Bloggerin und Buchautorin. Sie studierte Politologie, Philosophie und Evangelische Theologie in Frankfurt und widmet ihre Arbeit regelmäßig den Themen Feminismus und Religion.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Mary Wesley, „Zweite Geige“. Von Mary Wesley hatte kürzlich eine Freundin begeistert erzählt: Sie hat 1982 im Alter von 70 Jahren ihren ersten Roman veröffentlicht und wurde dann Bestsellerautorin. Sie schrieb englische Alltagsgeschichten, und man merkt, dass sie das Lebensgefühl mehrerer Jahrzehnte aus eigenem Erleben kennt. Vermutlich lese ich mich jetzt durch ihr gesamtes Oeuvre, die „Zweite Geige“ war nur zufällig das erste, das mir in die Hand kam. Mein letztes Sachbuch – ich lese immer einen Roman und ein Sachbuch parallel - war „Alles inklusive. Aus dem Leben mit meiner behinderten Tochter“ von Mareice Kaiser. Auch sehr, sehr empfehlenswert.

Was war der letzte gute Film, den Sie geschaut haben?

„Once upon a time in the West“, lustigerweise die restaurierte Fassung. Wir haben einen Beamer mit großer Leinwand zuhause, deshalb schaue ich sehr oft Filme, auch alte. Der letzte Film, den ich im Kino gesehen habe, war „Moonlight“ von Barry Jenkins, bei einer Sichtung der Evangelischen Filmjury, in der ich Mitglied bin. Auch ein ganz toller Film.

Das letzte gute Album?

Alben habe ich nicht mehr auf dem Schirm. Seit es iTunes gibt, kaufe ich eigentlich nur noch einzelne Titel. Die letzte Ausnahme, an die ich mich erinnere, war „The next day“ von David Bowie, 2013.

Wie lange haben Sie an Ihrem letzten Buch geschrieben?

Das ging sehr schnell, weil es nur die Bearbeitung einer älteren Fassung war: „Vote for Victoria. Das wilde Leben von Amerikas erster Präsidentschaftskandidatin Victoria Woodhull.“ Dafür habe ich etwa vier Wochen gebraucht, aber die Arbeit bestand auch im Wesentlichen daraus, mein altes Buch über sie von 2002 zu aktualisieren, auf die Hälfte zu kürzen und stilistisch zu popularisieren. Wir wollten im US-Wahljahr nochmal ein breiteres, nicht so akademisch und historisch interessiertes Publikum erreichen. Das Buch davor war der Comic „Kleine Geschichte des Feminismus im euro-amerikanischen Kontext“, das hat etwa ein Jahr gedauert. Aber natürlich nicht durchgehende Arbeit, sondern es gab verschiedene Phasen und immer den Austausch mit der Zeichnerin Patu, die auf der Grundlage meines Textes die Bilder und Dialoge entwickelt hat.

Über welche Frau haben Sie sich zuletzt geärgert?

Über eine Kommentatorin bei Facebook, die über eine Feministin, die im Netz mit Vergewaltigungsdrohungen und Schmähungen überschüttet wurde und das öffentlich gemacht hatte, schrieb, diese würde eine „Opferattitüde“ an den Tag legen. Das ist nicht nur empathielos, es zeigt auch ziemliche Unkenntnis über das, was im Internet in Punkto Hasskommentare und antifeministischer Dynamik aus rechten Kreisen so abgeht. Ich ärgere mich sowieso oft über Frauen, die das Internet und seine Dynamiken nicht kennen und daher falsch beurteilen.

Über welchen Mann?

Über einen Typen, der in unserer Straße in einen Hofeingang gepinkelt hat. Das passiert leider ziemlich oft, und es ist ekelhaft. Wenn sie schon keine Toilette suchen wollen, dann können sie doch wenigstens bis zur nächsten Grünanlage oder zum nächsten Busch gehen! Aber manche Typen meinen wirklich, die ganze Welt sei ihr Klo und sie müssten nur ihren Schwanz auspacken, wo sie grade stehen. Immerhin habe ich mir angewöhnt, mich dann vor ihnen aufzubauen und sie laut anzusprechen. Ich hoffe, das ist ihnen wenigstens ein bisschen peinlich.

Was hat Sie zuletzt glücklich gemacht?

Im Sonnenschein Spazierengehen.

Was hat Sie zuletzt an Liebe erinnert?

Die Person, die ich liebe, haha.

Was sind schöne letzte Worte?

„Es war genug.“

Was ist letztklassig?

Wenn man anderen die Worte im Mund rumdreht. Also wenn man nicht versucht herauszufinden, wo die Differenzen eigentlich liegen, damit man sinnvoll darüber streiten kann, sondern man anderen Dinge unterstellt, die sie so gar nicht gemeint haben, um sie als Gesprächspartnerin diskreditieren zu können. Ich hasse das.

Liebe, Glaube, Feminismus. Was steht bei Ihnen an erster Stelle? Was an letzter?

Wenn ich mich an Paulus orientieren wollte, dann steht die Liebe an erster Stelle. Wahrscheinich hat er Recht. Feminismus fällt eigentlich von der Kategorie her aus dieser Reihe etwas heraus, ich kann ihn als Begriff gut an die letzte Stelle setzen. Habe ich schon erwähnt, dass ich Rankings immer ganz furchtbar und überflüssig finde?

Welche besondere Person haben Sie zuletzt kennengelernt?

Zoë Beck, voriges Jahr bei der Leipziger Buchmesse. Ich war bei einer Lesung von 1000 Tode von Christiane Frohmann (tolles Projekt übrigens), an dem sie auch mitgeschrieben hat. Wir kannten uns von Ferne ein bisschen aus dem Internet und hatten nach der Veranstaltung ein Stück denselben Weg. Ich fand sie ungeheuer sympathisch. Kurz darauf wurde ich krank und lag zwei Wochen im Bett und habe alle ihre Bücher gelesen. Demnächst erscheint endlich ein neues!

Die Welt geht unter. Wer sollte das letzte Wort haben?

Naja, Gott natürlich. Hat sie ja sowieso.

Die letzte Frage ist keine Frage. Hier haben Sie Platz, um von einem Projekt zu erzählen, einfach etwas Schönes zu sagen oder zu schweigen. Was Sie möchten.

Danke. Ich würde gerne auf die Plattform feministischesnetzwerk.org hinweisen. Gegen Rechtsruck, soziale Kälte und Reichen-Egoismus müssen wir gemeinsam vorgehen, und ich glaube, die Frauenbewegung kann da eine gemeinsame Plattform für alle sein, die sich engagieren möchten. Die Demokratie hat nur eine Zukunft, wenn sie wirklich feministisch wird.